Ein junges Pärchen blickt sich verliebt in die Augen,
während der Kaffee vor ihnen völlig unwichtig erscheint. Sie haben
ausschließlich Augen für den jeweils anderen.
Was mag es für eine Liebe sein, die die beiden verbindet?
Ist es eine nie enden wollende, bedingungslose Liebe, wie
die der beiden älteren Herrschaften zwei Tische weiter, die jeden Donnerstag um
die gleiche Uhrzeit an eben diesem Tisch sitzen und ihren Kaffee mit Milch
trinken? Sich jede Woche die gleichen Fragen stellen und über die gleichen
Themen sprechen? Die Enkel, das Quiz mit Jörg Pilawa und die immer schlimmer
werdenden Schmerzen im ach so alten Rücken des Herren? Die Bewegungen der
beiden sind perfekt aneinander angepasst, ein Team, dass seit vielen Jahren im
Einklang miteinander lebt und den Rest des Lebens miteinander teilen wird, bis
zur letzten Stunde sind die Herzen mit endloser Liebe gefüllt.
Oder ist es eine Liebe von kurzer Dauer, so vergänglich wie
die tausend Milchgetränke, die am Tag über die Ladentheke gehen?
Doch auch wenn die Liebe nur kurz ist, wird sie genossen?
Oder ist es nur ein schnelles hinunterspülen, wie das des Mannes am Tresen, der
zwischen zwei Meetings einen Espresso trinkt, um wach zu bleiben.
Oder ist es Genießen einer Kleinigkeit und wird ausgenutzt,
wie die Frau, die am Fenster genüsslich ihren Milchkaffee schlürft. Erst
langsam mit dem Löffel den Milchschaum abhebt, dann mit kleinen bedächtigen
Schlücken die Tasse leertrinkt und am Ende die am Boden gebliebenen Reste noch
auslöffelt. Darauf bedacht, jeden Moment dieser kleinen Pause in vollen Zügen
zu genießen.
Man kann nicht erkennen, wo die Liebe der beiden hinführen
wird, doch für den Moment sei eines gesagt: In diesem Moment ist die Welt um
sie herum und der Kaffee vor ihnen egal, und das in einem Cafehaus mitten in
der Stadt. In einer Stadt, die so laut und hektisch ist, gibt es einen Ort, an
dem die Welt für einen Moment stillsteht, und sei es nur für die Dauer eines
Kaffees.